Herausforderungen
Dass der Erhalt und die Neupflanzung von Einzelbäumen und Baumbeständen zukünftig vor gewaltigen technischen und emotionalen Herausforderungen steht, das zeigten die Vegetationsperioden 2018 und 2019 glasklar. Es wird zukünftig nicht mehr ausreichend sein ein heimisches Gehölz in den Boden zu stecken, um sich anschließend ohne jegliches weitere Zutun an seinem Wachstum zu erfreuen. Auf diese Art habe ich viele tausend Bäume gepflanzt. Das wird sehr wahrscheinlich zukünftig nicht mehr funktionieren. Grund dafür wird primär der Wassermangel sein. Aber auch weitere Faktoren wie eine enorm intensive Sonneneinstrahlung, hohe Oberflächentemperaturen und zusätzlich den Boden stark austrocknender Windeinfluss sind für viele unserer Gehölze in einer derartigen Intensität unbekannt. Da kommt die physiologische Adaptionsfähigkeit vieler Organismen an ihre Leistungsgrenze. Bewegliche Arten wandern ab und ziehen in besser geeignete Habitate. Diese Fähigkeit besitzen Bäume nicht. Andernfalls wären unsere Städte ja auch schon sehr lange „Baumfrei“.
Baumwurzeln im Trockenstress
Klar ist, dass nicht alle Bäume in Notzeiten gewässert werden können. Aber wir müssen uns darauf einstellen, dass wichtige Baumbestände und Einzelbäume in unseren Siedlungsbereichen zukünftig regelmäßig gewässert werden müssen. Nicht nur Jungbäume, auch Altbäume im suboptimal gestalteten Umfeld. Das kostet Geld und Man/Womenpower. Viele Bäume in sehr kleinen Baumscheiben, welche die Regel darstellen, können jedoch kaum gewässert werden, da der Boden hochgradig verdichtet ist und im Unterboden nur Wurzeln erreichbar sind, welche zur Wasseraufnahme nicht fähig sind.
Wichtiger wäre für solche Kameraden daher eine sinnvolle Umfeldoptimierung. Die Auflockerung verdichteter Wurzelräume, die Entsiegelung eines völlig überflüssig zugepflasterten und asphaltierten Baumumfelds, die gezielte Nährstoffversorgung, Auftrag von Mulchmaterial zur Konservierung von Wasserreserven im Bodensubstrat (ganz wichtig, aber fast nie beachtet!), Stammschutzmaßnahmen zur Senkung der Oberflächentemperatur auf Baumstämmen und, und, und. Das kostet Fläche, Personal und in der Summe Geld. Fläche, welche wir derzeit noch selbst nutzen und beanspruchen. Etwa für völlig überdimensionierte innerstädtische Straßen. Es steht zu befürchten, dass wir in den nächsten Jahren sehr viele bereits devitalisierte Bäume im Siedlungsraum verlieren werden.
Heimische Fauna und Flora
Wichtiger denn je ist daher, dass bei Neupflanzungen darauf geachtet wird unterirdisch für ausreichend guten Wurzelraum Sorge zu tragen. Das wird häufig ohne entsprechende Technik nicht möglich sein. Ein wichtiges Arbeitsfeld, welches immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. Da kann ein Baum in einer Innenstadt dann nicht mehr für 550 Euro gepflanzt werden. Da sind vorab umfassende und aufwendige Tiefbauarbeiten notwendig. Derart optimiert gepflanzte Bäume müssen auch an der Oberfläche noch entsprechend vor Vandalismus und nicht beabsichtigten Kraftfahrzeugkontakten geschützt werden.
Als Reaktion auf die Auswirkungen des Klimawandels nur noch auf exotische Baumarten auszuweichen, wird in meinen Augen keine sinnvolle Lösung darstellen. Auch wesentlich stresstolerantere Arten gegenüber Wasserknappheit werden, in den uns bekannten Wuchsverhältnissen der engen Baumscheiben in den Städten und Dörfern, keine Zukunft haben. Da kann das Motto nur lauten: „Mehr Raum für Bäume“. Sowohl an der Oberfläche als auch tief unten im Boden.
Zudem besteht die Gefahr, dass die heimische Flora und Fauna verdrängt wird, wenn tatsächlich nur noch fremdländische Gehölzarten zum Zuge kämen. Das muss und darf unter keinen Umständen Realität werden. Mehr Vielfalt, mehr „die Natur Natur sein lassen“, nicht jede Fläche bepflanzen und strukturieren wollen, sich die Natur zu Nutze machen. Da liegt der Weg zu zukünftig eventuell klima-stabilen Baumbeständen.